Hans Unstern

Diven

LP

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Liebe Musiclovers,

mehr als sieben Jahre ist sie her die letzte Albumveröffentlichung von Hans Unstern, jener Person, die von sich sagt, nicht eine zu sein, sondern viele. Das gilt selbstverständlich auch für die Fragen nach den Geschlechtern.
Das letzte Unstern-Album hieß „The Great Hans Unstern Swindle“ und beschäftigte sich in bester Punkrock-Manier mit dem Show-Geschäft. Um Authentizitäts-Irrglauben und dem Wunsch des Menschen nach Lügen, die größer sind als das Leben. Einige Fans waren zunächst irritiert, hatte Hans Unstern 2010 auf seinem Debütalbum „Kratz Dich Raus“und den fantastisch inszenierten Live-Shows sein Publikum doch gerade erst auf traumwandlerische Reisen geschickt und mit „Paris“ einen surrealen Pophit geschaffen.
 
Tracklisting:
1 – Selbstauslöserin
2 – Nichtstestotrotz
3 – Bonbons Aus Plastik
4 – Haare Zu Gold
5 – Keine Zeit
6 – Geldmoney
7 – Rasurzwang
8 – Cis


Trailer: https://youtu.be/DNXJ0FeZp6I

Über sieben Jahre hat sich Hans Unstern nach diesem großen Schwindel Zeit gelassen, um gemeinsam mit Simon Bauer das dritte Album DIVEN zu bauen. Ja, nicht zu komponieren oder zu schreiben, sondern tatsächlich erst einmal zu bauen. Zu konstruieren, sägen, schrauben, tüfteln, schweißen, flexen, löten und spannen. Zusammen haben sie für dieses Album nämlich eine spezielle, elektro-akustische Harfe gebaut: Die V-Harfe. Benannt nach dem V in der Mitte von DIVEN. Vergleiche den Trailer:

Um die Harfe herum gibt es weitere selbstgebaute Instrumente und Gadgets aus Metall und Holz, die zum Teil mit einem Bogen gespielt oder durch ein MIDI-Interface kontrolliert werden. So schlagen computergesteuerte Hämmerchen auf Blechkörper ein, Magneten bringen Harfen-Saiten zum Schwingen und zusammen spielen sie neue Unstern-Lieder.
 
In Zeiten, in denen Ingenieur*innen jeden Sound mit Hilfe von Software emulieren und imitieren haben Unstern und Bauer sich künstlerisch in eine andere Richtung bewegt. Sie haben sich akribisch mit einem über 5000 Jahre alten Instrument beschäftigt und es in die Zukunft transformiert.
 
Menschen glauben ja spätestens seit Erfindung des Smartphones, sich die Welt vor allem über Bilder aneignen zu können. Die Bildinformation wird zum Beweis einer Resonanz, die irgendwann einmal stattgefunden hat: Ein Bild davon, was in uns die Saiten zum Klingen brachte. Oder die unserer Vorfahren. Immer wichtiger: Das eigene Erscheinen im Bild vor den Hintergründen der Weltgeschichte. Wohlmöglich als Ausweis dafür, selbst einmal da gewesen zu sein.

Nicht umsonst trägt das erste Stück auf DIVEN den Titel „Selbstauslöserin“. Darin heißt es: „Was soll das sein, dieses Selbst. Ist das Selbst am ehesten nicht selbst eine ewige Imitation?“ Im Chor, der hier im Loop läuft und bewusst an Laurie Andersons „Oh Superman“ erinnert, singt schließlich auch Hans Unstern. Ein performatives Leben zwischen Mehrspuraufnahme und Handykamera. Gefangen im Selbstdarstellungs-Loop. Doch wo Menschen heute mit ihren Fingern vor allem über Touchscreens swipen, zupft Hans Unstern am digitalen Hofe zärtlich die V-Harfe, bevor wir in „Nichtstestotrotz“ in lärmender Goldenen-Zitronen-Manier an den biologischen Sachverhalt erinnert werden, dass potenziell jede Brust Milch geben kann. Egal welchen Geschlechts.
 
Auf DIVEN vermengen sich kontrasexuelle Lovesongs mit Agitprop-Erzählungen aus der Untergrund-Werkstatt. Sie sind für die große Bühne gemacht. Hans Unstern changiert in den Liedtexten zwischen modernen Märchen und diskursiven Heftchen. Für den Berliner Merve-Verlag hat Hans Unstern 2012 zum Swindle-Album tatsächlich einen Lyrik-Band herausgebracht. Die Hälfte der Seiten waren mit nur einem Wort bedruckt. Ein „Notizbuch mit Anregungen“, sagt Hans Unstern schnippisch dazu

Hans Unstern packt Helge Schneiders „Bonbon aus Wurst“ für uns in Glitzerpapier und besingt die „Bonbons aus Plastik“. Das große Popmoment auf DIVEN. So vertraut, so wunderschön poliert und verkratzt, als sei Hans Unstern nie weg gewesen.
 
„Keine Zeit der Menschen / kann sie warten machen / die See / hat mich nicht vermisst / Ich versuche nicht zu denken / Sie wird gar nicht gemerkt haben dass ich weg war / Das nächste Mal wenn sie mich aufnimmt / Kennt sie mich noch in und auswendiger / Ich komme nun mal von ihr“ singt Unstern in „Keine Zeit“ und lässt alle chronologischen und biographischen Überlegungen über die Unstern'sche Kunst und ihren Ursprung vollkommen nichtig erscheinen. Auf DIVEN geht es vor allem um die Tiefe der Zeit - sie auszukosten. Nicht darum, sie zu verschwenden.
 
Womöglich möchte uns Hans Unstern mit dem selbstgebautem Harfen-Instrumentarium daran erinnern, das die Grundpfeiler unserer Gesellschaft schon viel älter sind als der Glasfaser-Neoliberalismus. Vielleicht hat sich hier jemand auch einfach dem Klischeebild des Singer/Songwriters an Klavier oder Gitarre befreien wollen. Vielleicht hat die Multitude Unstern mit der V-Harfe über Umwege auch einfach nur das richtige Instrument im bunten Katalog der Kulturgeschichte für sich gefunden. Es hat jedenfalls vor allem jahrelange Mühen gekostet. Etwas, das es so nicht zu kaufen gibt für „Geldmoney“, so der Songtitel, in dem Black Cracker aus Hans Unsterns Boiband parallel eigene, assozierte Texte vorträgt. So klingt co-working-space als Poesie.
 
Mit „Cis“ endet dieses Album. Und ob wir dabei sofort an die Tonart oder an Cisgender - also an Zissexualismus – denken, spielt am Ende keine maßgebliche Rolle. Denn Hans Unsterns Musik handelt immer von Geschlechterfragen und dem künstlerischen Umgang damit. DIVEN verweist auf einen Ausgang, der gleichzeitig ein Eingang in altbekannte wie neue Sphären ist. Hans Unstern nimmt uns an die Hand und führt uns Angsthasen hindurch.

 



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